Recruiting und Mitarbeiterbindung – eine Herausforderung für Fitness-Studios
Interview mit Top Sports Reutlingen, dem diesjährigen Gewinner „bodyLife Club des Jahres 2018“ auf der FIBO 2019
„Top Sports“ in Reutlingen ist ein Fitness-Studio der Superlative. In einem Industriedenkmal erstrecken sich 2.200 qm Trainingsfläche über drei Etagen. Ein separater Trainingsbereich nur für Frauen, zwei Lounges zum Entspannen nach dem Training – die Planer des Studios haben nachgedacht, bevor sie ans Werk gingen.
Die Trainingsgeräte erfüllen alle aktuellen Standards. Jeder digitale Trainingsplan ist mit den Geräten vernetzt, die Displays an den Geräten zeigen zusätzliche Informationen wie z.B. die richtige Sitzposition an. Betreut werden die Kundinnen und Kunden von erfahrenen und lizenzierten Trainerinnen und Trainern, die ihnen auch bei den wechselnden Kursangeboten und den Personal Trainings zur Seite stehen. Eine besondere Herausforderung für das Unternehmen, denn ausgebildete Trainer sind derzeit nur schwer zu finden. Deshalb überlassen die Inhaber von „Top Sports“ auch nichts dem Zufall: Sie verfolgen nicht nur bei der Mitarbeitergewinnung ein Konzept, auch bei der Mitarbeiterbindung lassen sich Sebastian Stub und Sebastian Sauter (Fotos) immer wieder etwas einfallen. Welche Wege bisher erfolgreich waren, wollten wir von ihnen nach der Verleihung des 1. Preises in der Kategorie „boyLife Club des Jahres 2018“ auf der diesjährigen FIBO-Messe (4.-7. April 2019) wissen.
Sport Job: Gratulation noch einmal von unserer Seite zu eurem 1. Preis als „Club des Jahres 2018“, der für euer außergewöhnliches Konzept steht, aber sicher auch auf das Konto eurer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht. Und hier gleich unsere erste Frage: Wie viele festangestellte Trainer arbeiten denn bei euch?
Sebastian Stub: Danke, wir freuen uns wirklich sehr, den Preis gewonnen zu haben und ja, unser Dank geht auch an unsere Trainerinnen und Trainer. Wir haben pro Studio – es gibt ja auch noch Filialen in Echterdingen, Leinfelden und Kornwestheim – bis zu sieben festangestellte Trainer. Dann kommt noch der Verwaltungsapparat dazu. Zusammen mit den Aushilfen und Freiberuflern arbeiten bei uns insgesamt 97 Mitarbeiter.
Sport Job: Und welche Zielgruppen sprecht ihr an?
Sebastian Stub: Wir möchten alle Menschen ab 18 Jahren mit unserem Konzept erreichen und ihnen eine angenehme Atmosphäre bieten. Dabei ist die Altersskala nach oben offen. Unsere älteste Kundin, die wir auch persönlich kennen, ist über 80 Jahre alt. Unser Fokus liegt nicht so sehr auf Body-Building, sondern auf der Trainingsbetreuung, auf Fitness und auf dem Gesundheitsaspekt. Einen Wellness-Bereich wie andere Studios können wir nicht bieten. Deshalb waren wir auch ein bisschen erstaunt, dass wir trotzdem den 1. Preis gewonnen haben. Doch ich glaube, unser grundsätzliches Konzept, unseren Kunden einen Mehrwert bieten zu wollen, überzeugt. Dieser Mehrwert drückt sich z.B. in Events aus, die wir auch unseren Kunden anbieten. So fuhren wir mit ihnen z.B. auch schon zum Canyoning ins Zillertal.
Bezüglich dieser Mitgliederevents haben wir sogar eine Marke kreiert, die sich „Special Training Day“ nennt. Dieser spezielle Trainingstag findet alle drei Monate statt. An dem Tag kommt ein DJ in unser Fitness-Studio, der sein Musikequipment an unsere Hintergrundbeschallung andockt. Wir senken das Licht und schalten eine Event-Beleuchtung an. Dazu bieten wir ein Sonderkursprogramm an und danach können sich unsere Mitglieder an einem Büffet stärken.
Sport Job: Und wer entscheidet über die Inhalte des Kursprogramms?
Sebastian Stub: Die Trainerinnen und Trainer. Sie denken sich das Programm aus und bereiten es dann auch schon im regulären Kurs vor. Das ist auch eine Form der Wertschätzung: Wir trauen es unseren Trainern zu, dass sie das können, und sie freuen sich, selbstständig entscheiden zu dürfen.
Sport Job: Die Trainingsbetreuung, die euch besonders wichtig ist, setzt voraus, dass ihr Trainerinnen und Trainer beschäftigt, die gerne und langfristig bei euch arbeiten. Wie schafft ihr es, dass eure Mitarbeiter euch treu bleiben?
Sebastian Stub: Ich glaube, ein wichtiges Kriterium ist schon einmal, dass wir vernünftige Arbeitszeiten anbieten. Von den Beschäftigten anderer Fitness-Studios hören wir immer wieder, dass selbst Nachwuchskräfte dort oft 14 bis 16 Stunden am Tag arbeiten müssen.
Dann nehmen wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst, d.h. wir interessieren uns dafür, wie es ihnen geht. Ein Beispiel: Wir hatten einen Mitarbeiter in einer unserer Filialen, der wollte sich schon von der Fitness-Branche abwenden. Als wir das hörten, führten wir Gespräche mit ihm. Die waren so gut, dass wir ihm ein Studio als Studioleiter anvertrauten. Er ist geblieben und füllt seine Aufgabe supergut aus.
Sport Job: Ja das Abwandern in andere Branchen scheint wirklich ein großes Problem zu sein. Das hören wir von vielen Unternehmen.
Sebastian Stub: Unternehmen haben aber auch Möglichkeiten, Mitarbeiter zu halten. Man muss seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch einen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um den reinen Job, es geht auch um das Drumherum. Ich habe ja vorhin bei der Preisverleihung erzählt, dass wir als Incentive z.B. auch einen Skikurs anbieten. Wer beim Arbeitgeber Skifahren lernen kann, vergisst das nie mehr in seinem Leben. Das prägt sich ein und macht auch stolz.
Die Wertschätzung unseres Personals ist uns sehr wichtig. Wie sammelten ja während unserer eigenen angestellten Berufsjahre auch negative Erfahrungen. Danach sagten wir uns: „Wenn wir mal entscheiden können, machen wir es anders.“
Sport Job: Ihr habt auch erzählt, dass ihr mit euren Mitarbeitern nach Mallorca reist.
Sebastian Stub: Ja, die Reise nach Mallorca ist wohl das Einprägsamste. Vorab stecken wir uns aber immer ein Ziel, das wir zusammen als Team erreichen wollen. Ein Beispiel: In unserer Filiale Kornwestheim haben wir gleich beim allerersten Meeting, noch bevor wir das Studio eröffneten, gesagt: „Bei 3.000 Mitgliedern fahren wir nach Mallorca.“ Nach nur 15 Monaten haben wir dieses Jahr diese selbstgesteckte Marke erreicht. Jetzt ist es so weit: Ich habe für zwölf Personen gebucht. Im Juni fahren wir auf unsere Kosten eine Woche nach Mallorca. Wir hängen dort aber nicht nur ab, sondern genießen ein kulturelles Programm, wir gehen in Höhlen und schauen uns die Städte an.
Mallorca ist aber nicht alles: Im vergangenen Winter haben wir ein Führungskräfte-Incentive mit Übernachtung in einem tollen Hotel angeboten. Und mit unseren fünf Nachwuchskräften fuhren wir zum Skifahren. Skilehrer brachten ihnen Skifahren bei.
Ein weiteres gutes Beispiel für Incentives sind unsere Weihnachtsfeiern: Auch da nehmen wir richtig Geld in die Hand und feiern auf der Achalm oben. Dort muss man schon zwei, drei Jahre im Voraus buchen, so beliebt ist der Ort. Deshalb haben wir jetzt auch schon für 2022 reserviert. Im Restaurant angekommen, machen wir vor dem Essen immer noch einen Fackellauf auf die Achalm hoch. Das ist dann das Abenteuer vor dem Essen.
Und im Sommer gehen wir zusammen zum Rafting und Canyoning oder wir organisieren andere Ausflüge.
Sport Job: Viele Mitarbeiter wollen auch weiterkommen. Wie sieht es denn im Rahmen eures Employer Brandings mit Weiterbildung aus?
Sebastian Sauter: Klar sind wir auch daran interessiert, die Stärken unserer Mitarbeiter zu fördern. Geht jemand darin auf, wenn er oder sie neue und gute Kursprogramme erstellt, schauen wir natürlich nach Möglichkeiten, wie diese Mitarbeiter neue Lizenzen erwerben können. Wir suchen nach entsprechenden Seminaren, denn das Gute dabei ist: Unsere Mitarbeiter profitieren von der Weiterbildung, aber natürlich auch unsere Kunden und insbesondere auch wir, weil die Qualität unseres Angebots auf hohem Niveau bleibt. Um das Interesse der Trainerinnen und Trainer richtig einschätzen zu können, sind wir auch im ständigen Austausch mit unseren Führungskräften, weil diese ja täglich mit unseren Nachwuchskräften zusammenarbeiten. Aber auch unsere Aushilfen, die über Jahre bei uns arbeiten, weil sie sich mit uns identifizieren, können sich weiterbilden und Lizenzen erwerben. Auch das gehört zum Thema Wertschätzung.
Sport Job: Noch eine abschließende Frage: Wie gewinnt ihr neue Mitarbeiter? Wie sieht euer Recruiting aus?
Sebastian Stub: Wir haben auf unserer Webseite als einen integralen Aspekt unsres Employer Brandings eine eigene Landingpage, auf der wir uns vorstellen und unsere offenen Stellen anbieten. Diese verlinken wir auch mit den Social-Media-Kanälen und machen dort ein entsprechendes Social-Media-Marketing mit entsprechenden Anzeigen für unsere Zielgruppen. Das funktioniert ja mittlerweile über Facebook, Instagram und Whatsapp mit den Advertising-Manager ganz gut. Zusätzlich schalten wir Anzeigen in lokalen Zeitungen, aber da merkt man inzwischen deutlich, dass die Reichweite der Printmedien zurückgeht. Außerdem haben wir auch noch einen direkten Kontakt zur IFAA und zu Hochschulen. Auch dort können wir Stellen für den Nachwuchsbereich platzieren, aber auch eure Plattform nur für die Sportbranche hört sich gut an ...
Wir bedanke uns bei euch für das umfassende Interview. https://topsports.fitness/
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